Die Straße von Gibraltar - oder: worin wir lernen, Urlaub zu machen
Städte, deren Namen mehr versprechen,
als ihr industrialisiertes Panorama halten konnte, säumten meinen Weg: Santafè, Malaga, Marbella und Estepona, um nur einige zu nennen.
Gegen Mitternacht erreichte ich mal wieder völlig erschlagen Algeciras. Auf einem der dortigen Campingplätze wollte ich friedlich für eine Nacht
verschnaufen, doch einige interessierte Touristen quälten mich noch lange mit ihren Fragen: "Woher kommen und wohin fahren Sie? Wie schnell kann man denn mit so einem Ding fahren? Ist das nicht zu unbequem und
zudem gefährlich?" In der Beantwortung dieser Fragen geübt, antwortete ich mehr mechanisch. Aber natürlich freute ich mich natürlich über jedes meiner Reise entgegengebrachte Interesse. Nach einer Stunde
der Informationsbefriedigung ließ man mich dann endlich zur wohlverdienten Nachtruhe kommen. Industrieanlagen und Umschlaghäfen - auf diesen vertrauten Anblick sollte ich auch in Algeciras nicht verzichten
müssen. Nur der Tatsache, dass meine spanischen Devisen zur Neige gingen, verdankte ich einen mehrstündigen Aufenthalt in dieser Stadt. In Nähe des Fährhafens fand ich schließlich die benötigten Banken.
Goldbarren oder Dirham? Reisefinanzen
Ein Wort zu den Reisefinanzen und
deren Unterbringung. Noch in seinem Heimatland erkundigt man sich vorsorglich über die notwendigen Devisen. Die auf der Durchreise liegenden Länder darf man dabei natürlich nicht vergessen. Wie viele Kilometer
muss ich zurücklegen, oder anders gefragt, wie viele Liter Benzin muss ich dort tanken. Grundsätzlich rate ich dazu, lieber ein paar Mark zuviel umzutauschen, als zu wenig. Wie schnell können sich Zwischenfälle
ergeben, die nur mittels Bargeld überwunden werden können, Reparaturen und Arztbesuche beispielsweise. Den Großteil des Geldes trägt man aber sicherheitshalber in Reisescheckform am Körper. Fährt man in vom
Tourismus noch weitgehend unberührte Länder, Marokko darf ich getrost dazu zählen, so sollte man auf die Mitnahme von gerade auf den Markt gekommenen Reiseschecktypen absehen. Die in solchen Fällen bei den
Banken des Reiselandes noch unbekannten Schecks werden dann häufig nicht, oder nur nach zeitintensiven Diskussionen anerkannt. Hier muss man sich also genau erkundigen. Sparkassen und Banken geben hierüber gerne
Auskunft, wenngleich auch nach meinen Erfahrungen ein wenig optimistisch. In vielen Ländern werden Euroschecks nicht akzeptiert. Eigentlich gehört Marokko zu diesen Ländern, dennoch bedarf es keiner großen
Überredungskünste, diese Schecks hier einzulösen. Oft dürfen keine Landesdevisen ein- und ausgeführt werden. Ein Vergehen wird hart bestraft; das Risiko steht in keinem Verhältnis zum Gewinn.
Verstaut hatte ich mein Geld, Schlüssel und Papiere wie folgt: Meine gesamten Papiere, also Personalausweis, Reisepass, Fahrzeugbrief, grüne Versicherungskarte, Impfbücher und Führerschein, hatte ich
vorsorglich fotokopiert. Diese Kopien versteckte ich mitsamt einem Ersatzschlüsselsatz unter der Hupenverkleidung des Rollers. Um sie gegen Regen zu schützen, hatte ich alle Papiere, auch die, die ich direkt am
Körper trug, in Plastiktüten eingeschweißt. So hätte ich im Falle eines Komplettdiebstahls meiner Schlüssel und Originalpapiere immer noch mit den Ersatzschlüsseln den Roller starten können und mit den Kopien
meine Identität bei der zuständigen Botschaft nachweisen können! 500 DM trug ich als äußerste Notreserve in einem präparierten Geldgürtel aus Leder. Den Rest des Geldes und die Dokumente verteilte ich auf
einen Baumwollgürtel, den man direkt auf dem Bauch oder Rücken tragen konnte, auf einen Lederbeutel, der nach dem Pistolengeschirrsystem unter der linken Achsel baumelte und auf einen normalen Brustbeutel. Diese
und weitere Beutel und Geheimtaschen kann man in jedem Spezialausrüstungsgeschäft für Fernreisende käuflich erwerben. Nur eines sollte man dabei nie vergessen: jeder Dieb kennt alle Möglichkeiten der
Geldunterbringung am Körper. Bevor man sich also abstechen lässt, rückt man sein Erspartes lieber freiwillig heraus. Den zahlreichen Taschen- und Gelegenheitsdieben kann man aber mit dem genannten
"Zubehör" ein Schnippchen schlagen. Nun stand ich also vor einem Bankgebäude in Algeciras. Kurz zuvor hatten mich erst zahlreiche Rauschgifthändler angesprochen, die ich freundlich abgewimmelt hatte.
Jetzt musste ich meinen Roller aus den Augen lassen, um an meine Peseten zukommen. Gerade in diesem Augenblick sprach mich wieder ein Händler an. Da kam mir die Idee, ihm meine Vespa anzuvertrauen. Nachdem ich ihn
davon überzeugt hatte, dass ich wirklich keinen Wert auf Haschisch legte, bat ich ihn, ein Auge auf meinen Roller zu werfen, da doch so viele Diebe zugegen wären. Ich hatte zwar kein besonders ruhiges Gewissen als
ich die Bank betrat, aber was sollte ich schließlich machen? Ein strahlender Wächter empfing mich an meinem Roller. Es wäre alles noch in bester Ordnung, so erichtete er mit breitem Grinsen. Erleichtert gab ich
ihm ein angemessenes Trinkgeld, kickte meine Vespa an und fuhr in Richtung Tarifa ab.
|