Glück im Unglück
Die mich überwältigende Freude ob dieser Tatsache, sollte jedoch schnell gedämpft
werden. Nicht, dass der Garagenwächter jetzt plötzlich drei, anstatt der vereinbarten zwei DM verlangte, verärgerte mich. Die Forderung meines Führers, dessen „Bruder“ sich übrigens gerade dazugesellt
hatte, in Höhe von fast 70 DM brachte mich dann doch ein wenig aus der Fassung. Natürlich verlieh ich meinem Unwillen, seiner Forderung nachzukommen, durch entsprechende Äußerung Nachdruck. Doch als die drei
Männer immer ärgerlicher wurden, ja sogar gegen meinen Roller traten und an meinem Gepäck herumzerrten, gelangte ich zu der Einsicht, mal wieder gewaltig ins Fettnäpfchen getreten zu sein. Ich glaube, etwaige
Hilfeschreie meinerseits hätten nichts bewirkt. Dass ich wenigstens mit dieser Vermutung richtig lag, sollte ich anderweitig noch erfahren. Ich bemühte mich also den Preis für die geleisteten Dienste
"herunterzuhandeln". Doch um eine Schlägerei zu vermeiden, zahlte ich schließlich fast 50 DM. Dieses „Lösegeld“ lag mir noch längere Zeit schwer im Magen. Schnell schwang ich mich nach dem
"Geschäft" auf meine Vespa, kickte sie an und raste aus der Garage. Die Marokkaner verfolgten mich noch auf ihren Mopeds bis zum Ortsausgang, immer wieder versuchend, weitere Dirham durch Drohungen von
mir zu ergattern. Mir reichte es jedenfalls. Mein Marokkourlaub hatte mir bis zu diesem Zeitpunkt gleiches Vergnügen wie der heimische Zahnarztbesuch bereitet. So sollte es doch wohl nicht weitergehen?
Vom Baume der Erkenntnis...
Kein erfreulicher Anfang für einen Ausflug nach
Afrika, da wird man mir wohl kaum widersprechen. Doch durch Unwissenheit und falsches Verhalten heraufbeschworene Situationen lassen sich in der Regel auch vermeiden. Vermeiden durch richtigen Umgang mit Behörden
und Einheimischen. Beginnen möchte ich mit einer Analyse meines Grenzübergangs: kein Mensch hatte mich gezwungen, die Hilfe des "Grenzhelfers" in Anspruch zu nehmen. Der "Frischling" aus
Europa ist natürlich im Umgang mit ausländischen Behörden vorsichtig und mitunter auch ängstlich. Schließlich befindet sich an diesen Stellen viel Macht in den Händen von wenigen. Der Schritt vom unbehelligten
Grenzübergang zur Einlieferung in die Gefängniszelle scheint schnell getan zu sein. Dennoch sollte man seine Angst gerade hier verbergen. Wird man von Personen angesprochen, deren Funktion nicht eindeutig
ersichtlich ist, sollte man sich nicht scheuen, eine dahingehende Frage zu stellen, auch wenn man gewahr wird, wie schlecht Polizisten und Zöllner zum Teil die eigenen Landsleute behandeln. Von offiziellen Beamten
bin ich in der Regel höflich und zuvorkommend behandelt worden. Zudem verbietet es ihre Berufsehre für jede erteilte Auskunft gleich Trinkgelder zu verlangen. Alle anderen sich aufdrängenden Helfer und
Helfershelfer sollte man freundlich aber bestimmt abweisen. So hatte ich keinerlei Probleme bei meiner Ausreise, da ich mich auch gänzlich anders verhielt. Rauschgifthändler und Wegelagerer findet man in ganz
Marokko. Doch hat man den Atlas erst einmal in Richtung Sahara überquert, trifft man nur noch vereinzelt Vertreter dieses Fachs. Diese sind dann auch weit weniger aufdringlich als ihre nördlicher lebenden Kollegen.
Sobald man in die Nähe einer Stadt oder eines Dorfes gelangt, wird man fast immer von "Studenten", Führern oder Schleppern angesprochen. Gerade um den Einzelgänger scharen sie sich, um ihre
"unverzichtbaren" Dienste anzubieten. Nein, sie wollten natürlich kein Geld; allein die Möglichkeit, einmal wieder deutsch sprechen zu können, wäre ihnen Dank genug. Doch wehe dem, der nach gemeinsamen
Stadt- und vor allem Geschäftsbummel ein Trinkgeld verweigert! Zumindest muss man sich Beschimpfungen aller Gemeinheitsgrade anhören. Nazi, Schwein und Drecksack sind da noch Harmlosigkeiten! Aufgrund der hohen
Arbeitslosigkeit und der miserablen sozialen Situation stellt sich derartiges Verhalten natürlich schnell ein. Da kann man schon einmal die Fassung verlieren, wenn man auf die Frage nach der Uhrzeit die Antwort:
„Einen Dirham“, erhält. Um Ärger und Diskussionen zu vermeiden, fragte ich später nur noch Beamte nach dem Weg oder anderen Informationen.
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